Voyeur auf der African Queen

2012 veröffentlichte Helge Timmerberg „African Queen“ (Rowohlt). Gut, man mag an der ein oder anderen Stelle denken, dass man nolens volens zum Voyeur der Liebesprobleme des Autors wird. Aber das ist nicht schlimm. Denn es wäre kein Buch von Helge Timmerberg, wenn er es nicht nur wieder wie kaum ein anderer
vermöchte, dem Leser Allgemeingültiges über die ewigen Themen Liebe, Tod, Angst, Lust, Sehnsucht und Freiheit zu vermitteln und vor allem zu zeigen, dass wir prinzipiell letztlich alle ähnliche Sorgen haben. Das entschädigt dafür, dass Afrika eigentlich nur Schauplatz für diese Reflexionen ist. Deshalb möchte man so einen hardcore-subjektiven Reisebericht einer Tier-Doku oder einem „und dann fuhren wir nach …-
Reisebericht“ immer vorziehen, denn hier werden Tiere, Landschaften und Reisebegegnungen nicht einfach nur benannt und kartiert, sondern immer in
lebendige Relation zu den Wünschen und Ängsten des Autors gesetzt. Dadurch kann der Leser an einer Reise teilnehmen, die es eben auch ermöglicht, zu erahnen, wie sich Malaria wirklich anfühlt oder wie es sein muss, an einer Flussmündung im Dunkeln spazieren zu gehen, von der man weiß, dass dort nachts die Krokodile jagen. Und das alles ohne den Lesesessel verlassen zu müssen. Lesenswert, und der Humor kommt wie immer auch nicht zu kurz. Vielleicht sein bestes Buch – aber das sagt man ja nach jedem Timmerberg.

vergiftet

Lady Astor sagte einmal zu Churchill: „Wenn Sie mein Mann wären, würde ich Ihren Kaffee vergiften!“ – „Wenn Sie meine Frau wären“, antwortete
Churchill, „würde ich ihn trinken.“

Der zeitgenössische Buchhändler

Buchhändler werden nach den Branchenrationalisierungsmaßnahmen der letzten Jahre, die auch häufig dem nackten Überleben dienten, immer mehr zu reinen Betriebswirten, die am liebsten nur den zukünftigen nächsten Dale Carnegie oder Harry Potter verkaufen möchten. Es gibt mittlerweile Angebote von den mächtigen Zwischenhändlern, den Barsortimenten, die diese Auswahl der Bücher den Buchhändlern abnehmen und auf Basis ihrer ergiebigen EDV-Auswertungen nur noch Bücher mit nachweislich guten Umsätzen in die Läden legen. Das ist genau das gleiche Prinzip nach dem heutzutage Fernsehformate ausgewählt werden und das Niveauunterbietungskarussell in Gang gehalten wird. Dass bei einem zunehmenden Primat des ausschließlich wirtschaftlichen Erfolges auch auf dem Buchmarkt die Qualität der Inhalte zwangsläufig leiden muss, dürfte eigentlich evident sein.
Man mag vielleicht einwerfen, an was sich der Buchhändler oder Verleger denn sonst orientieren solle, als am wirtschaftlichen Erfolg? Aber das ist ja gerade das Besondere am Wirtschaftsgut Buch, dass es, indem es nicht nur zerstreuende sondern auch kritische, subversive, erschütternde oder erzieherische Inhalte transportieren kann, traditionell eine Funktion hat, die eben mit dem Engagement der Verlage und Buchhandlungen über das reine Schielen nach dem Umsatz hinausgeht. Wo früher ein Buchhändler auch ein inhaltliches Anliegen hatte oder seine Begeisterung für
Programmsegmente seinen Käufern zu vermitteln suchte, steht heute die Betrachtung des Buches als reine Ware immer mehr im Vordergrund – zugestandenermaßen sicherlich auch überwiegend notgedrungen. Damit soll nicht gesagt werden, dass es nicht immer noch zahlreiche Liebhaber unter den Buchhändlern und Verlegern gibt, bei denen das ökonomische Interesse ein zweitrangiges ist und die sozusagen wie Trüffelschweine Schätze der Literatur bergen und auf einen begrenzt aufnahmefähigen Markt bringen. Doch bis zu welchem Maße sich solche oftmals nur durch Selbstausbeutung gestützten Existenzen in einem immer schwierigeren Markt behaupten können, bleibt fraglich.